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Schwere Zeiten und der Beginn der „Ära“ Bertold Dambruch

 


Der Beginn der „Ära Dambruch“

Nach einer sehr kurzen Tätigkeit des Lehrers Roth aus Steinheim kam 1922 mit Herrn Berthold Dambruch ein junger und dynamischer Dirigent nach Niederrodenbach. Für den Verein begann eine neue Ära, denn Bertold Dambruch leitete den Chor insgesamt 45 Jahre lang.


Im Jahre 1920 wurde in Niederrodenbach wieder ein zweiter Gesangverein, der Arbeitergesangverein „Vorwärts“ gegründet. Einige Sänger verließen die Sängerlust, um sich dem neuen Verein anzuschließen. Diese Übertritte konnten aber das feste Gefüge der „Sängerlust“ nicht ernsthaft erschüttern. Der Verein wuchs stätig weiter und man erreichte zeitweise wieder die stattliche Zahl von 80 aktiven Sängern. Daraus ergab sich von selbst, dass sich der Chor nun in noch stärkerem Maße seinen kulturellen Aufgaben widmen konnte. Eine Vielzahl schwerer zeitgenössische Chöre der Komponisten Friedrich Hegar (1841-1927) und Wilhelm Kempff (1895-1973) wurde in das Repertoire des Chores aufgenommen. Aber auch Werke der Romantik standen auf dem Programm, wie Schuberts „Ruhe schönstes Glück der Erde“, „Sehnsucht“ und „Der Gondelfahrer“.

 

Neben den besuchten Wettstreiten wurde diese Arbeit insbesondere konzertant aufgewertet. In Anbetracht der räumlichen Verhältnisse in unserem Ort wurden die Konzerte vielfach nach „auswärts“ verlegt. Mit großem Erfolg trat man in Frankfurt, Hanau, Langenselbold, Großauheim und Klein-Auheim auf. Die Veranstaltungen waren überall sehr gut besucht und machten den Verein über die Grenzen von Niederrodenbach bekannt. Der Stand von 1914 war wieder erreicht, und man war auf dem Weg, noch größere Schritte nach vorn zu machen. 1923 fand erstmals ein Liedertag aller “Dambruch`schen Vereine“ in Somborn statt. Die „Sängerlust“ errang den hierzu gestifteten Wanderpreis. Der Erfolg konnte 1924 in der hiesigen Turnhalle wiederholt werden, und 1925 wurde der Wanderpreis endgültig in Großauheim heimgeholt.

 

Schon 14 Tage später nahm der Chor in Hochstadt erfolgreich an einem Wettstreit teil. Trotz Inflation, deren lähmende Auswirkung auf das Vereinsleben nicht näher beschrieben werden muss, wurde diese Erfolgsserie nicht unterbrochen. Im Jubiläumsjahr 1927 fand in der Centralhalle in Hanau ein Konzert statt. Dieses groß angelegte Konzert wurde viel beachtet und lieferte noch über Jahre hinaus Gesprächsstoff in Sängerkreisen. Das geschaffene Image reicht bis weit in die dreißiger Jahre. In einem Festakt wurden alle noch lebenden Gründer zu Ehrenmitgliedern ernannt.


Die Wirtschaftskrise

Die aufziehende Weltwirtschaftskrise versetzte dem Verein schwere Schläge. Es traten nunmehr ernsthafte Schwierigkeiten auf, den Singstundenbetrieb aufrechtzuerhalten. Dank der Opferbereitschaft des glücklichen Teils der Sänger, welche von der Arbeitslosigkeit nicht betroffen waren, konnte auch diese Klippe umschifft werden. Es ist dies ein ganz besonderes Verdienst des damaligen Vorsitzenden und späteren Ehrenvorsitzenden Peter Werkmann, dass es zu keinen nennenswerten Stockungen kam.


Auch diese Krise ging langsam zu Ende, und ganz allmählich traten auch für den Einzelnen wieder geordnete Verhältnisse ein. Wenn auch die Sängerbewegung in diesen Jahren stark in den Sog der damaligen Zeit gezogen wurde, so gelang es dem Vorstand doch immer wieder, das Vereinsleben in dem traditionellen Rahmen zu halten. Die Durchführung von Konzerten, der Besuch von Wettstreiten und Wertungssingen lösten einander ab. Alljährlich wurden Laienspiele einstudiert, die in der Weihnachtszeit zur Aufführung kamen, und sich großer Beliebtheit bei den Einwohnern erfreuten. Der letzte damals noch mögliche Wettstreit wurde 1936 in Sossenheim besucht. Dort wurde der 1. Klassenpreis, das Höchste Ehrensingen und der Dirigentenpreis errungen.


Das 50-jährige Jubiläum

Im Jahr 1937 folgte dann das 50jährige Jubiläum, welches in Verbindung mit dem Kreissängerfest abgehalten wurde. Dieses Fest gestaltete sich zu einer machtvollen Demonstration für das deutsche Lied. Das Festgelände erstreckte sich von der Turnhalle (heutige Rodenbachhalle), unter Einbeziehung der Bulaustraße, des damaligen Handballplatzes und den Gärten vor dem alten Fußballplatz (dem heutigen Standort der Hochhäuser).


An dem Fest nahmen 43 Vereine aus dem Kreis Hanau und der weiteren Umgebung teil. Ein mehrere Kilometer langer Festzug mit zahlreichen Festwagen und Gruppen bewegte sich durch die reich geschmückten Ortsstraßen. Natürlich führten alle auswärtigen Vereine ihre Fahnen mit. Wie die Chronisten berichten spielte leider das Wetter nicht mit und der erhoffte finanzielle Erfolg blieb aus.


Noch im gleichen Jahr wurde ein großer Ausflug mit mehreren Bussen durch das Wispertal zum Rhein unternommen. Denkwürdig auch die Teilnahme an einem Wertungssingen im Jahr 1938 in Klein-Auheim. Mit den beiden Vorträgen „Totenvolk“ und dem Volkslied „Über die Heide“ – das auch heute noch hin und wieder gesungen wird - erzielte man mit Abstand die besten Noten. Es war für den Chor eine überaus erfolgreiche Zeit, in der über 80 Sänger aktiv waren. Diese Zeit der Blüte, wurde durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges je unterbrochen. Die ersten Einberufungen rissen gleich empfindliche Lücken. Trotz aller Widrigkeiten konnten die Übungsstunden bis zum Jahre 1941 aufrecht gehalten werden. Mehr lies die schwere Zeit dann aber nicht mehr zu.


Der Arbeitergesangverein „Vorwärts“

Auch wenn die Wurzeln des Volkschors eindeutig in der „Sängerlust“ zu finden sind, ist aber auch der Arbeitergesangverein „Vorwärts“ ein lebendiger Teil unserer Geschichte. Daher dazu hier einige Ausführungen. Die Gründung im Jahre 1920 hatte, wie schon erwähnt, zu einigen Übertritten geführt. Dieser Verein stand aber von Anbeginn unter einem nicht sehr guten Stern.


Die Nachkriegsjahre, die Inflation und die Weltwirtschaftskrise verhinderten eine erfolgreiche Entwicklung. Einschließlich aller Förderer erreichte man eine Mitgliederzahl von rund sechzig Personen. Unter dem Chorleiter Klemm wurde recht gute Arbeit geleistet, aber zu einer richtigen Konsolidierung fehlten ganz einfach die Mittel. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war in deren Weltanschauung natürlich für einen Arbeitergesangverein kein Raum mehr. Der Verein wurde bereit 1933 aus politischen Gründen aufgelöst. Schon bald schloss sich der größte Teil der Sänger der Sängerlust an.


Der Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem totalen Zusammenbruch 1945 fanden sich die Sänger wieder zusammen. Sie strebten eine Vereinigung der „Sängerlust“ und des – wie oben geschildert -aufgelösten „Vorwärts“ an. Auf Grund einer Bestimmung der Besatzungsmacht, wurden einzelne Vereine nicht zugelassen. In einem Kultur- und Sportkartell sollten sie zusammengefasst werden. In einer Versammlung am 29. März 1946 wurde beschlossen, als Gesangsabteilung mit dem Namen „Volkschor – Sängerlust - Vorwärts“ der neugegründeten Kultur- und Sportgemeinschaft beizutreten. Damit war der Zusammenschluss der beiden Ursprungsvereine vollzogen.


Diese Lösung war insbesondere schon deshalb begrüßenswert, da sich ja der größte Teil der Sänger des „Vorwärts“ schon 1933 der „Sängerlust“ angeschlossen hatte. Die Leitung übernahm wieder Berthold Dambruch. Um diesen Zusammenschluss hat sich der damalige Vorsitzende Heinrich Noß verdient gemacht. Er führte unzählige Gespräche und hat die Zulassung der Gesangsabteilung durch die Militärregierung ermöglicht.


Es begann nun eine für das Wiederaufleben des Männergesangs in unserem Ort vielversprechende Epoche. Allerdings konnten die Erwartungen nicht erfüllt werden. Der furchtbare Krieg mit seinen Folgeerscheinungen hatte eine Sängergeneration fast völlig ausgelöscht. Andere konnten sich über das unsägliche Leid der Kriegsjahre nicht so schnell hinwegsetzen und eine große Zahl von Sängern war noch in Gefangenschaft. All diesen Gründen ist es zuzuschreiben, dass nicht die Sängerzahl erreicht wurde, die man sich beim Zusammenschluss vorgestellt hatte.


Trotzdem setzte eine rege konzertante Tätigkeit ein und es wurden auch Wertungssingen besucht. Gleich nach der Gründung des Deutschen Allgemeinen Sängerbundes schloss sich der Verein diesem an und war auch stets in den Führungsgremien dieser Organisation vertreten. Regelmäßig wurden die vom Kreis ausgerichteten Feste und Kritiksingen besucht. Die Währungsreform im Jahre 1948 stellte den Verein vor kaum lösbare finanzielle Probleme.


Aber auch diese Schwierigkeiten wurden dank der aufopfernden Tätigkeit der damaligen Vorstände Heinrich Noß, Jean Ruth und später erneut Peter Werkmann glücklich überwunden. Im Sommer 1951 ließ man die Tradition des Waldfests wieder aufleben. Allerdings beschloss man, das Fest auf zwei Tage auszudehnen. Strom und Wasser wurden freundlicherweise von der Gärtnerei Schultz zur Verfügung gestellt. Gleich am ersten Abend kamen über 2000 Besucher. Damit war man natürlich überfordert, und in einer Blitzaktion wurden Tische und Bänke aus allen Gaststätten des Ortes herbeigeholt. Der überaus schöne Erfolg ermutigte den Vorstand, das Fest jährlich zu wiederholen. Der finanzielle Rückhalt war damit gefunden und bis zum Jahre 1965, also 15 Jahre, stand diese Veranstaltung am zweiten Sonntag im Juli fest auf dem Jahresprogramm.


Dann fiel es mehr oder weniger der Zeit zum Opfer. Die zunehmende Motorisierung machte die Räume am alten „Sedansplatz“ zu eng.  Das Fest konnte so nicht mehr dargestellt werden. In der Folge wurde der Volkschor einer der drei Vereine in Rodenbach, die im Wechsel das Rodenbacher Spargelfest mit großen Erfolgen veranstalteten. In den Folgejahren wurden nun jährlich Konzerte abgehalten, Wertungs- und Freundschaftssingen besucht und auch die Geselligkeit kam nicht zu kurz. Auf breiter Basis konnte das Vereinsleben aktiviert werden. Alle Ortsvereine wurden – wie auch heute noch - bei entsprechenden Anlässen unterstützt, und auf Wunsch wurde zu allen goldenen Hochzeiten gesungen. Viele auswärtigen Konzerte wurden besucht und damit alte Freundschaften belebt und neue angeknüpft.